Ok, die Überschrift ist gelogen, denn offensichtlich war ich ja jetzt in York - wollte nur auf einen bekannten Udo Jürgens Song anspielen, dann gibt es vielleicht mehr Klicks - vermutlich nicht...
Jedenfalls verbrachte ich, ehe es nach Leeds ging, einige Tage zusammen mit meinen Eltern in York. York gilt als die schönste Stadt im Norden Englands. Im Verlauf meines Auslandssemesters werde ich hoffentlich noch zahlreiche weitere englische Städte erkunden, um mir diesbezüglich eine eigene Meinung bilden zu können. Eines möchte ich hier jedoch bereits vorwegnehmen: York legt die Messlatte ziemlich weit nach oben.
Beim ersten Herumschlendern wirkt York wie eine kleine gemütliche Stadt, die man von der Größe und Einwohnerzahl her irgendwo in der Nähe von Kulmbach einordnen würde (wer Kulmbach nicht kennt, hat nicht großartig was verpasst, hat ca. 27.000 Einwohner). Umso mehr verblüfft eine kurze Google-Suche, die einem verrät, dass York doch immerhin auf beachtliche 137.000 Einwohner kommt. Der Kleinstadtflair in York ist meiner Meinung nach an einem einfachen Punkt festzumachen: Es gibt fast ausschließlich kleine Familien-Reihenhäuser, die fein säuberlich an der Straße entlang gebaut wurden. Nach Hochhäusern braucht man hier nicht zu suchen. Beinahe all diese Reihenhäuser wurden aus rotem Backstein gebaut - maximal zwei/drei Stockwerke, dann kommt das Dach.
York lässt sich am besten zu Fuß erkunden. Bei einem Spaziergang über die alte Stadtmauer kann man innerhalb von 2-3 Stunden (in Abhängigkeit der Fotopausen) einmal das Stadtzentrum umkreisen. Zwischen den ganzen kleinen Häusern ragt die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit - das York Minster - heraus. Das Minster ist die größte gotische Kathedrale in Nordeuropa und an der Grundfläche bemessen doppelt so groß wie Westminster Abbey in London.
Der Innenraum der Kathedrale ist groß und imposant und hat mit einer wunderschönen Orgel und einem alten hölzernen Altarraum einiges zu bieten. Auch die bunten Fenster sind beeindruckend, wenngleich sie einfach echt dämlich zu fotografieren sind (viel Licht von außen in ein dunkles Gebäude - nice). Der Aufstieg über enge Wendeltreppen auf einen der Türme gestaltete sich unter einer FFP2-Maske recht herausfordernd, was für die meisten Briten, die keine Masken trugen, hingegen kein Problem darstellte. Enge, schlecht belüftete Wendeltreppen mit vielen angestrengt atmenden, dicht hintereinander laufenden Menschen - Delta sagt Danke.
Covid-19 ist ein Thema, das in Großbritannien aber ohnehin komplett anders gehandhabt wird als in Deutschland. Das Hygienekonzept in den meisten Geschäften besteht aus Desinfektionsmittelspendern und einem Schild, auf dem geschrieben steht, dass sich Mitarbeiter und Mitmenschen freuen würden, wenn man eine Maske tragen würde. Nachdem die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften abgeschafft wurde, schenken die meisten Briten diesen Schildern jedoch nicht weiter groß Beachtung. Im Gegenzug wird wiederum sehr viel Wert darauf gelegt, dass man als Einreisender am zweiten Tag nach Ankunft in Großbritannien einen PCR-Test absolviert, den man sich für 70£ (ca. 83€) pro Person online bestellt. Die Probe entnimmt man anschließend selbstständig ohne fachliche Aufsicht (weder vor Ort in einer Teststation noch per Online-Videocall), schickt diese per Express ein und erhält 24 Stunden danach sein Ergebnis.
Diese Maßnahme schreckt (neben einem sehr langen Einreiseformular) sicherlich viele Touristen davor ab, eine Reise nach Großbritannien anzutreten, was in Zeiten von Corona bestimmt nicht schlecht ist. Jedoch schmerzt es schon etwas, einiges an Geld in diesen Test zu stecken, nur um festzustellen, dass hier Corona unter den Einheimischen gefühlt gar nicht mehr existiert - mit einer 7-Tage-Inzidenz von aktuell ca. 330 tut es das natürlich immer noch.
Aber genug vom blöden Corona Thema - weiter im Text.
Die Innenstadt Yorks besticht durch viele kleine Gassen mit vielen putzigen, individuellen Läden. Neben einem Geschäft, welches das ganze Jahr über Weihnachtsartikel verkauft, zahlreichen kleinen Pubs und Cafés hat es mir vor allem "The shop that must not be named" angetan, ein Shop voller Harry Potter Fanartikel. Selten lagen so viel billiger Plastikschrott und so viele Fanboymomente so nah beieinander. Doch auch ganz unabhängig von diesem Fanshop erinnerte diese kleine Einkaufsstraße ("The Shambles") an die Winkelgasse aus Harry Potter, nur dass es hier keine Eulen zu kaufen gab (alles andere hätte man in dem Shop bekommen, aber die Zauberstäbe haben nicht funktioniert... ich warte einfach weiter auf eine Eule mit meinem Brief - die hat sich bestimmt nur etwas verspätet...).
Tagsüber herrscht hier reges Treiben. Auffällig hierbei ist, dass man kaum ausländische Touristen sieht. Somit durften wir York wohl in seiner "britischsten" Form erleben. Tatsächlich sind Engländer äußerst hilfsbereit und gehen beim ersten fragenden Blick auf eine Straßenkarte auf einen zu, um ihre Hilfe anzubieten. Auch sonst grüßen sie stets (aus deutscher Sicht beinahe übertrieben) freundlich und versuchen ihr Deutsch zum Besten zu geben, was jedoch selten über ein "Guten Tag" und "Danke" hinausgeht. Ich habe mir sagen lassen, dass Engländer beim Fremdsprachenlernen nicht sonderlich engagiert seien, da ihre Sprache ohnehin global gesprochen werde (was nicht ganz falsch ist), worüber ich mich aber auch nicht beschwere, da ich hierdurch noch besser Englisch lernen kann. Doch auch sonst scheint das Wissen über Deutschland wenig über Weltkrieg 2 und Berlin hinauszugehen. Zumindest kannte hier bisher niemand Schloss Neuschwanstein.
Fazit: York ist eine wunderschöne Stadt, die durch ihre alten, roten Backsteinhäuser, Stadtmauer, Minster und nicht zuletzt die Leute einen herrlich britischen Flair versprüht, und definitiv immer einen Ausflug wert ist - Ten out of ten, would go there again :)